Bewaffnung der Arbeiter – Politische Forderungen – Haltung des Wehrbezirkskommandanten
Während von Watter weiterhin Ruhe und Ordnung herstellen will und dafür die Reichswehr gegen die Einwohnerwehren und Arbeiter in Position bringt, bewaffnen sich die Arbeiter und konkretisieren ihre politischen Forderungen. Was im Westen, in Essen, Mülheim und Dinslaken geschah, zeigt sich im Spiegel der Hamborner Tageszeitung in chronologischer Folge.
# Die Antwort der Arbeiter auf den Putsch
16. März 1920 – Die Lage im Ruhrgebiet
Essen, 16. März 1920. Zwei Nachrichten zur Lage im Westen. General von Watter betonte gegenüber den Bürgermeistern im Ruhrgebiet: „Ich schütze die Verfassung mit allen mir zu Gebote stehenden Mitteln und wirke auf die schnellste Beendigung der Krise hin.“ Gleichzeitig wird gemeldet, dass der Generalstreik andauert.
Raum Duisburg, 16. März 1920. Die Bekanntmachungen der Stadtverwaltung werden aus der Ruhrorter Volkszeitung gerissen und auf der Straße verbrannt. „Aufruhrszenen“ in Meiderich. Die Kommunisten dringen in ein Gebäude ein und bemächtigen sich der Waffen (ein Maschinengewehr, Karabiner und Handgranaten) sowie der Munitionsvorräte.
Essen, 16. März 1920. Jetzt berichten die Zeitungen im Westen vom Generalstreik und seinen Folgen auf der Straße. Bei Zusammenstößen in Essen vor dem Rathaus werden fünf Personen getötet und 17 verwundet. Essen, Düsseldorf, Hannover, Hamburg und Berlin sind für Privatgespräche gesperrt.
17. März 1920 – „Die Reaktion ist zu Boden geschlagen.“
Hagen 17. März 1920. Das Korps Lichtschlag hat den Befehl zum Rückzug aus dem Ruhrgebiet bekommen. Der Aktionsausschuss meldet, dass sich die gesamten Hand- und Kopfarbeiter zusammengeschlossen und mit bewaffneter Hand die Reaktion zu Boden geschlagen haben. Demnach sei die erste Gefahr abgewendet und wir müssen „schnellstens unsere Macht von Grund auf organisieren. Dies ist nur möglich, wenn alle Beamte und Arbeiter, die nicht zur bewaffneten Truppe gehören, die Arbeit schnellstens wiederaufnehmen.“
Duisburg, 17. März 1920. Bürgermeister Dr. Jarres wendet sich „an den ruhigen Ordnungssinn der Bürgerschaft“ und verlangt, dass jedes Schießen aus Häusern unter allen Umständen unterbleibt.
18. März 1920 – Hamborn: Verhandlungen
Hamborn, 18. März 1920. Fragliche Berechtigungen. Der Beschluss der Arbeiter- und Angestelltenorganisationen, die Arbeit wiederaufzunehmen, wird in den Betriebsversammlungen nicht anerkannt. Die Organisationen seien nicht berechtigt, über die Beilegung des Streiks zu verhandeln. Ein besonderer Aktionsausschuss der Streikenden fordert:
- Die Einwohnerwehr zu einem Drittel aus Mitgliedern der freien Gewerkschaften aufzufüllen und im Wehrberatungsausschuss den freien Gewerkschaften ein Drittel der Sitze einzuräumen.
- Freilassung der politischen Gefangenen.
- Gewährung von Versammlungsfreiheit.
Dazu ist der Verhandlungsführer der Kommunen nicht befugt.
# 19. März 1920 - Die Reichswehr zieht sich aus dem Ruhrgebiet zurück
Eine neue Phase der Auseinandersetzung im Ruhrgebiet wird eingeläutet: Die bewaffneten Arbeiter vertreiben die Reichswehr. Sie sind zu dem Zeitpunkt für die Reichswehr strategisch eine Gefahr, sie können Reichswehrverbände umzingeln und abtrennen.
Mülheim/Ruhr, 19. März. Die Reichswehr zieht das Freikorps Schulz aus Mülheim ab. Einwohnerwehr und Polizei übernehmen die Kaserne für kurze Zeit, danach wird von „fremden Elementen“ geplündert.
# 19. März 1920 - Kreis Dinslaken - Alle Versammlungen verboten. Das Militär schießt
Kreis Dinslaken / Dinslaken. 19. März 1920. Der Militärbefehlshaber in Dinslaken-Lohberg erlässt folgende Bekanntmachung:
„Jegliche Ansammlungen, Versammlungen unter freiem Himmel sowie Demonstrationszüge sind strengstens untersagt. Andere Versammlungen bedürfen der Genehmigung des Militärbefehlshabers Lohberg.
Das Betreten der Straßen nach 9 Uhr abends ist bis auf weiteres verboten. Arbeiter, die Notstandsarbeiten ausführen, müssen im Besitze eines Ausweises des Militärbefehlshabers sein.
Wird einer dreimaligen Aufforderung des Militärs nicht Folge geleistet, wird rücksichtslos von der Waffe Gebrauch gemacht.“
*Quelle: Hamborner Volkszeitung, 19. März 1920